Beschreibung
Die Nazarener waren eine zunächst kleine Gruppe von Kunststudenten in Wien, die im Jahre 1804 die engen und restriktiven Pfade der Akademie verließen und eine Erneuerung der Kunst in einer alten, mehr mittelalterlichen Form suchten. Sie interessierten sich besonders für die Mystik im Katholizismus, für eine Kunst mit sakralem Inhalt. Hier standen sie im Bezug zur beginnenden Romantik. Ihre Vorbilder entdeckten die Studenten in der Renaissance, Albrecht Dürer, und im italienischen Quattrocento, dem 15. Jahrhundert, also der Zeit vor Raphael mit Künstlern wie Fra Angelico und Giotto.
Vier von ihnen gingen im Jahre 1810 nach Rom, um dort nach den Vorbildern des „christlichen“ Roms in den mittelalterlichen Kirchen und Klöstern zu arbeiten.
Fast alle dem Bund nahestehenden Künstler konvertierten zum Katholizismus. Ihre Kunst beschränkte sich zwar nicht allein auf religiöse Motive, hatte aber sicher auch ein Sendungsbewusstsein und fand dadurch Eingang in die Kirchenmalerei.
Die Künstler trugen das Haar lang und in der Mitte gescheitelt, eine Mode, die man in Rom bereits im 17. Jahrhundert kannte und die „alla nazarena“ genannt wurde, eine Anspielung auf Jesus, den Nazarener, und die Urchristen. Einer Legende nach wollten einige spottlustige Römer die Anhänger dieser Kunstrichtung mit der Bezeichnung „i Nazareni“ karikieren, woraus sich der Name „Nazarener“ ableitete. Der Nazarener-Stil hatte bei einer Ausstellung in Rom 1818 seinen Durchbruch und wurde in der Folgezeit durch den bayerischen König Ludwig I gefördert. Im Laufe des 19. Jahrhunderts bekleideten Nazarener sogar den Direktorenposten an verschiedenen deutschen Kunstakademien.
Im Nazarener Stil steht die Linie im Vordergrund. Die Farben haben vor allem die Funktion, die Szene zu verinnerlichen und zu vergeistigen. In warmem, pastellartigem Schmelz werden Figuren und Landschaft miteinander verbunden.
Besonderer Wert wird auf die Lichtführung gelegt, die zu den zentralen Figuren hinleitet. In vielen Nazarener Bildern ist sie das einzige dramatische Element der Bildkomposition, die im Übrigen von tiefer Ruhe, Innerlichkeit und Ernst bestimmt ist. Die geringe räumliche Tiefenwirkung und das Vermeiden greller Farbkontraste unterstützen die Feierlichkeit. In diesen Punkten verbinden sich die Nazarener mit ihren mittelalterlichen Vorbildern.
Die Farbe wird zart und lasurhaft aufgetragen, folgt aber gerade in den Rosenkranzbildern von Carl Kögel der nahezu standardisierten Farbensymbolik in der Kirchenmalerei.
Vorherrschendes Kompositionselement ist die menschliche Figur. Die klare, konturierte Form hat Vorrang vor der Farbe, das Zeichnerische hat Vorrang vor dem Malerischen. Große Aufmerksamkeit wird den Gewändern und deren Faltenwurf geschenkt.